Sehr geehrte Frau Monika Herrmann,
Sie sind Bürgermeisterin von einem für junge Menschen beliebtesten Viertel in der innerhalb Europas zu heutigen Zeiten vielleicht angesagtesten Stadt Europas. Kreuzberg und Friedrichshain repräsentieren für viele junge Leute, sowohl aus dem Ausland, als auch aus der Straße um die Ecke, DAS Berlin, was sie irgendwann zu lieben gelernt und in vielen Fällen zum Leben gewählt haben. Hier findet sich eine einzigartige Symbiose aus alteingesessen, neu hinzu gekommen, und „als Gast stets willkommen“ – eben genau DAS, was Ihren Bezirk so lebens- und liebenswert macht. Einen nicht unerheblichen Teil dieser der „Ihnen Untertänigen“ stellt die skatebaordfahrende Zukunft dar. Und wie Sie vielleicht auch festgestellt haben, „machen“ die Menschen um Skateboarding auch echt viel in Ihrem Bezirk. Das fängt bei internationalen Wettbewerben im NIKE SB Shelter an und hört bei der BRIGHT Tradeshow noch lange nicht auf. An vielen Ecken sind in den lezten Jahren Skatespots entstanden, meist in Eigenregie, mit privaten Geldern und vor allem mit viel Schweiß und Herzblut. Es gibt jedoch einen Ort, der quasi das Epizentrum des „Ganzen“ darstellt – die Bänke! Ich war schon mit vielen US-Amerikanischen Profis in den letzten zehn Jahren in Berlin unterwegs, und was ist die stets erste Nachfrage dieser Superstars: „Übernachten wir im Hotel Klassik!?“! Das hat einen ganz besonderen Grund: Die Bänke.
Dieser weltweit bekannte Skatespot inmitten der Warschauer Straße repräsentiert eben genau das, was eigentlich Kreuzberg und Friedrichshain für Menschen aus aller Welt darstellt – Freiheit! Die Freiheit, das man sich nicht zum Treffen in der Lobby des Hotels Klassik treffen muss, sondern einfach nach und nach an den Bänken zusammen kommt. Die Freiheit, dort auch noch um Mitternacht mit Sicherheit Freunde der Rollbrett fahrenden Zunft zu treffen. Und nicht zuletzt eben der Freiheit, die unsere Bundeshauptstadt mit all ihren Vierteln so einzigartig macht. Der Verlust der Bänke ist für die Skateszene nicht einfach ein „da sind acht Sitzgelegenheiten weg, wir suchen uns dann eben neue“ Ding, es ist für viele so etwas, als wenn einen der Vermieter nach zwanzig Jahren aus der Wohung schmeißt. Es ist für viele ein Stich ins Herz, ein Verlust des Mittelpunkts ihres Lebens. Das klingt möglicherweise überspitzt, aber ist die vollkommene Wahrheit! Lassen Sie sich nicht nicht zu dem Gedankengang hinreißen, daß eine Top-Skatehalle um die Ecke auch nur ansatzweise etwas Ähnliches repräsentiert – auch wenn es dort ähnliche Bänke gibt. Für einen Skateboardfahrer zählt es eben auch, wenn nicht sogar primär, sich inmitten des allgemeinen und alltäglichen Lebens zu bewegen, nicht auf irgendwelchen „abgetrennten Trainingsgeländen“ – Skateboarding ist eben kein Sport, sondern eine Lebenseinstellung!
Sollten Sie also diese Zeilen lesen, möchte ich, ein in Wiesbaden lebender Skateboardphotograph aus Köln, Ihnen folgendes sagen: Bitte stellen Sie die Bänke wieder auf. Sie würden damit nicht nur der Berliner, sondern der weltweiten Skateszene etwas zurückgeben, was es SO kein zweites Mal gibt bzw. gab! Und wenn acht Bänke auch nur acht Menschen (in der Realität sind es eher achttausend!) zum ultimativen Glück in ihrem Leben verhelfen können – wäre nicht genau DAS ein erstrebenswertes Ziel einer Politikerin, die nah am Bürger ist?
P.S.: Googlen Sie mal die Namen der hier abgebildeten Skater – das ist nur die Spitze des Eisbergs!
Photos & Text: T. Gentsch