Liebes Skateboarding und die, die dich treiben,
Ungefähr alle sechs Monate wiederholt sich für mich eine ganz bestimmte Konversation, allerdings meist mit immer wechselnden Gesprächspartnern – was daran liegen mag, dass ich diesen Gesprächspartnern im Verlaufe dieser Konversationen mutwillig die Lust entziehe, jemals wieder auch nur ein Wort mit mir zu wechseln. Ich kann es mir leisten. Ich bin Beamter, ich brauche keine Freunde, denn ich gehöre zu einer Gang.
Okay, zugegebenermaßen sind das mitunter Konversationen, in die ich mich einfach so einmische, weil ich die Dummheit, die dann in dem Moment in meiner Nähe abgesondert wird, einfach nicht ertrage. Zwei Beispiele:
„Die Kids“ und ihre Mode.
Es ist einer dieser Typen, die auch jeder Skateshopbesitzer kennt. Er kommt in den Laden, schnorrt ein Kaltgetränk, versucht ein Board zu schnorren, trägt seine Klamotten offensichtlich und olfaktorisch erwiesen ungewaschen seit 20 Jahren (aka er stinkt wie ein Penner) und beginnt ungefragt, über „die Kids“ herzuziehen. Kein Kid im Speziellen, einfach nur „die Kids“ – ziemlich genau wie ein Nazi über „die Ausländer“ oder „die Frauen“ über das Schimpfwort Fotze. Ihm passen die Mode und die Tricks nicht, die Musike findet er auch furchtbar und er beschwert sich bitterlich darüber, weil Skateboarding doch eigentlich Punkrock zu sein hat. Für dieses Exemplar Skater habe ich in der Regel erstmal nur drei Worte:
Halt. Die. Fresse.
Ich war neulich mit „den Kids“ raus. Just taggin’ along. Jungs zwischen 16 und 22, also unwesentlich jünger als ich (um nicht zu sagen: Halb so alt wie ich.). Da war kein großartiger Unterschied zu meiner Zeit mit der Bonn Posse (Hi!) vor knapp 25 Jahren, nur der Ghettoblaster ist inzwischen eine UE Wurst, und die ist auf jeden Fall eine Verbesserung. Aber sonst? Diskussionen über aktuelle Videos, spaßeshalber hilfloses Herumgezappel beim Versuch, die derbsten Tricks der Superstars der letzten Woche zu imitieren, Geilduhastneneuekappezeigmal, wie sind die Schuhe, No Complies(!) üben(!!), mitsingen, abspacken, each one teach one. Ich fand’s total geil, die Jungs hatten die Köppe und Herzen auf jeden Fall richtig montiert und ich war geradezu gerührt, wie cool die waren. Der Tag hat mich sehr glücklich gemacht. Wobei… An dieser Stelle sei noch mal auf meinen „Fashion(f)ista“ Artikel hingewiesen, aber nur leise. Dafür noch mal laut:
HALT. DIE. FRESSE. Wenn du verbiesterter alter Sack mit deinem Leben unzufrieden bist, lass das nicht an Skateboarding oder „den Kids“ aus. Geh Skaten. Sei Punkrock, wenn du so alt sein willst (schon die Sex Pistols Kreditkarte von Virgin/MasterCard besorgt, Schlusslicht?). Aber lass Skateboarding und „die Kids“ mit deinen verkrusteten Dogmen in Ruhe, du SCHMUTZ!
Kommerz.
Der Klassiker, dementsprechend wird dieser Absatz auch viel kürzer. Skateboarding ist ja viel zu kommerziell geworden, früher war alles besser, sagt er. „Wann früher?“ Na ja, früher halt. In den 90ern. Oder in den 80ern. Früher eben. Du weißt schon.
Ja genau, weiß ich. Weil Skateboarding Mitte der 80er nicht auch schon ein Millionenmarkt gewesen ist… Aber der Trottel redet tatsächlich ernsthaft von einer Zeit, in der dieser Markt von zwei Schuh-, und vielleicht vier Boardfirmen beherrscht wurde, die maaaad Cash gemacht haben und dabei sehr darauf bedacht waren, dass sie die Kohle sonst mit niemandem teilen müssen – aber natürlich alles ganz unkommerziell.
Ganz kurz und schmerzlos: Wenn dir Skateboarding zu kommerziell ist, dann geh in den Scheißwald und schnitz’ dir dein verficktes Board selber. Aber sei dir bewusst, dass du damit den Shops deiner Freunde schadest.
Schönes Resti, alles Liebe,
Bernd